Expertenblog

    Solaranlagen-Pflicht und Brownfield-Entwicklungen


    Bei der Bewältigung des Klimawandels spielen Solaranlagen bereits heute eine große Rolle und werden zukünftig noch weiter an Bedeutung gewinnen. Insbesondere im Gebäudesektor bergen PV-Anlagen ein immenses Potenzial, CO2-Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig neue Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen. Durch PV-Aufdachanlagen lässt sich der Verkehrswert von Immobilien ohne kontinuierliche Investitionen steigern. Trotz dieser wirtschaftlichen Anreize bleiben viele Lager- und Produktionshallen sowie Industriegebäude ungenutzt, obwohl sie beste Voraussetzungen zur Installation solcher Anlagen als eine weitere Ertragsquelle bieten.

    Diesen Nutzen und die sich daraus ergebenden Synergieeffekte für Wirtschaft und Klima hat auch der Gesetzgeber erkannt. In immer mehr Bundesländern besteht mittlerweile eine Pflicht zur Installation von PV-Anlagen für Neubau- und Sanierungsprojekte. In Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg sowie den Stadtstaaten Berlin und Hamburg wurden PV-Pflichten für Dächer und/oder Stellplätze bereits beschlossen; in allen anderen Bundesländern (mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen und Thüringen) sind solche Pflichten in Planung. Bald könnte aber eine deutschlandweite PV-Pflicht durch die neue Ampelregierung auf den Weg gebracht werden: Laut Koalitionsvertrag sollen alle geeigneten Dachflächen künftig für Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll das verpflichtend werden.
    Die bestehenden Regelungen der Bundesländer betreffen aber bei weitem nicht nur Neubauten. Zwar ist das häufig der erste Anwendungsfall der Regelungen. Allerdings unterscheiden sich die Regelungen der einzelnen Bundesländer zum Teil grundlegend und müssen gerade für Brownfield-Entwicklungen in jedem Einzelfall geprüft werden.

    So verpflichtet der neue § 8 Absatz 2 der Landesbauordnung NRW zur Installation einer PV-Aufdachanlage beim Neubau geeigneter Parkplätze mit mehr als 35 Stellplätzen, soweit diese einem gewerblichen Gebäude dienen. Dies bezieht sich nur auf den Neubau von für eine Solarnutzung geeigneter, offener Parkplätze. Demgegenüber sieht die Neuregelung in § 8a Absatz 1 und 2 des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg die Pflicht zur Installation von PV-Anlagen sowohl bei Neubauten von Wohn- und Nichtwohngebäuden als auch bei einer grundlegenden Dachsanierung eines Gebäudes vor. Die Regelungen gelten zeitlich gestaffelt ab dem 1. Januar 2022. Die baden-württembergische Regelung erweitert die Pflicht damit auch auf Bestandsgebäude, setzt aber eine grundlegende Dachsanierung voraus, die erst dann vorliegt, wenn nicht unerhebliche Kosten für Baumaßnahmen aufgebracht werden. Genauere Anforderungen sollen noch in einer Rechtsverordnung konkretisiert werden.

    Zur Beantwortung der Frage, ob Brownfield-Entwicklungen von einer PV-Pflicht erfasst sind, wird es demnach maßgeblich darauf ankommen, ob im Rahmen von Revitalisierungen auf einen bestehenden Gebäudebestand zurückgegriffen wird oder ob gänzlich neue Gebäude errichtet werden. Sofern beispielsweise bereits bestehende Lagerhallen oder Produktionsstätten genutzt werden, wird man bereits ausgehend vom Wortsinn her einen Neubau wohl verneinen müssen. Werden Investitionen und Maßnahmen der Wiedernutzbarmachung ergriffen, spricht allerdings viel für das Vorliegen einer Sanierung. Das Kriterium der gewerblichen Gebäudenutzung wird dagegen regelmäßig bei Brownfield-Entwicklungen erfüllt sein.

    Da der Gebäudesektor durch sein bedeutsames Flächenpotenzial von besonderer Bedeutung für die Erreichung der Klimaschutzziele ist und eben dies ein erklärtes Hauptanliegen der neuen Ampelregierung darstellt, bleibt abzuwarten, wie eine mögliche bundeseinheitliche Regelung zukünftig ausgestaltet sein wird.