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    Schlüsselfunktion auf der Baustelle – der Bauleiter


    Schlüsselfunktion auf der Baustelle – der Bauleiter
    Beitrag unseres Premiumpartners Oppenhoff & Partner Rechtsanwälte Steuerberater mbB:

    Der Bauleiter hat eine unverzichtbare Position auf jeder Baustelle und in jeder Projektentwicklung inne. Er ist eine wichtige Schaltstelle für die Umsetzung und den Erfolg eines Projektes. Doch es besteht Unsicherheit, wann er vonnöten ist und welche Pflichten er zu übernehmen hat bzw. ihn gesetzlich treffen.

    Auch die Folgen einer fehlenden oder nicht ordnungsgemäßen Bestellung für die Bauherren und Verantwortlichen werden unterschätzt.

    Welche Arten von Bauleitern existieren?
    Von primärer Bedeutung ist der Bauleiter nach dem öffentlichen Recht, wie er in den einschlägigen Bauordnungen der Länder vorgesehen ist, so bspw. in § 56 BauO NRW:
    Als Bauleiter ist die Person anzusehen, die im Auftrag der Bauherrschaft die Überwachung der Ausführung des Bauvorhabens hinsichtlich dessen Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung oder der Beseitigung übernimmt und die Ausführung durch die Erteilung von Weisungen maßgeblich steuert.
    Demgegenüber ist die zivilrechtliche Funktion des Bauleiters, die vom Bauherrn bzw. dem ausführenden Unternehmen auf eine Person übertragen wird, deutlich offener gestaltbar. Sie hängt maßgeblich von der Absprache der Parteien ab. Die Tätigkeitsbereiche decken sich jedoch in weiten Bereichen.

    Bauleiter nach dem öffentlichen Recht: fünf Hauptpflichten
    Die fünf Hauptpflichten des Bauleiters nach dem öffentlichen Recht umfassen (gemäß BauO NRW):

    Nr. 1 - Überwachungspflicht
    Der Bauleiter ist verpflichtet, die Ausführung des Bauvorhabens im Auftrag der Bauherrschaft zu überwachen und zu steuern.
    Insbesondere ist er verpflichtet zu überwachen, ob die Bauausführung im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorgaben erfolgt. Dabei ist er ggf. auch zur Anwesenheit auf der Baustelle verpflichtet. Weiterhin ist der Bauleiter zur sicheren Einrichtung, Betreibung und Überwachung der Baustelle sowie der Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen zuständig.

    Nr. 2 - Weisungspflicht
    Der Bauleiter erteilt Weisungen an Unternehmen, die für die ordnungsgemäße Bauausführung sowie den sicheren Betrieb der Baustelle erforderlich sind, um Gefahren abzuwehren.
    Wichtig ist: Da den Weisungen des Bauleiters gegenüber den Unternehmen kein öffentlich-rechtlicher Charakter zukommt, bedarf es zu ihrer Durchsetzung eines zivilrechtlichen Weisungsrechts zwischen der Bauherrschaft und den Bauleitenden bzw. den bauausführenden Unternehmen. Wird den Weisungen des Bauleiters nicht Folge geleistet, so muss er die Aufsichtsbehörde darüber informieren.

    Nr. 3 - Eignung für die Aufgabe
    Der Bauleiter muss für die Überwachung und Steuerung der Bauausführung durch Sachkunde und Erfahrung geeignet sein. Die Bauleitung darf daher nur derjenige übernehmen, der in Bezug auf das konkrete Bauvorhaben, also einzelfallabhängig auf Grund seiner Sachkunde und Erfahrung, für die Überwachung und Steuerung des Bauvorhabens geeignet ist.
    Der Bauleiter muss selbstverantwortlich entscheiden, inwiefern er im konkreten Einzelfall die erforderliche Eignung aufweist. Eine bauaufsichtsrechtliche Überprüfung findet nicht statt.

    Nr. 4 - Heranziehungspflicht bei fehlender Sachkunde und Erfahrung
    Verfügt der Bauleiter insgesamt oder in Teilbereichen nicht über die erforderliche Sachkunde, muss er einen geeigneten Fachbauleiter, also einen besonderen Bauleiter mit spezieller Sachkunde und Erfahrung, heranziehen. Dies kann bspw. beim Schall- und Brandschutz oder bei der Entfernung von Asbest, PCB oder PCP der Fall sein.

    Nr. 5 - Pflicht zur Gesamtkoordination
    Die Gesamtkoordinationspflicht ist de facto nur bei Bauvorhaben einschlägig, bei denen Fachbauleiter beauftragt werden. Der Bauleiter hat das formale und inhaltliche Ineinandergreifen der jeweiligen fachlichen Überwachungs- und Steuerungsmaßnahmen sicherzustellen.

    Bauleiter nach dem Zivilrecht
    Der zivilrechtliche Bauleiter wird in der Praxis mit dem öffentlich-rechtlichen gleichgesetzt und in einer Person vereint, ist mit diesem jedoch nicht zwingend identisch. Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten können zwischen den Parteien frei vereinbart werden, lehnen sich jedoch an den oben genannten Tätigkeiten an. Entscheidender Unterschied ist die im Vordergrund stehende Verantwortung gegenüber dem beauftragenden Bauherrn und nicht gegenüber der Baubehörde.
    Wichtig ist insbesondere auch die funktionale und vertragliche Abgrenzung zu anderen Tätigkeiten wie der des bauüberwachenden Architekten – der wiederum den Bauleiter und dessen Arbeit zu überwachen hat – oder der des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators (SiGeKo), der die Sicherheit auf der Baustelle zwischen den Unternehmen koordiniert.

    Wann ist ein Bauleiter erforderlich?
    Die Pflicht zur Bestellung des öffentlich-rechtlichen Bauleiters besteht grundsätzlich bei jedem Bauvorhaben, das in den Anwendungsbereich der Landesbauordnungen fällt und damit in jedem Fall, sobald ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen ist. Ob die Funktion extern zu besetzen ist oder durch den Bauherrn selbst wahrgenommen werden kann, hängt vom Umfang der Baumaßnahmen sowie der Sachkunde des Bauherrn ab.

    Für einen reibungslosen Ablauf des Bauvorhabens ist die koordinierende und überwachende Funktion des zivilrechtlichen Bauleiters zudem unumgänglich, sobald eine gewisse Größe des Vorhabens überschritten wird.

    Pflichten und Risiken des Bauherrn
    Die Beauftragung eines geeigneten (öffentlich-rechtlichen) Bauleiters ist eine originäre Pflicht des Bauherrn gemäß den jeweiligen Bauordnungen der Länder (bspw. § 53 BauO NRW). Wird diese Pflicht nicht ordnungsmäßig erfüllt, ist der Bauherr zunächst öffentlich-rechtlich verantwortlich und potenzieller Adressat von Verfügungen der Baubehörde. Er ist bei einem Verstoß Störer im Sinne des Baupolizeirechts. Wird kein Bauleiter bestellt oder die Behörde nicht informiert, stellt dies Ordnungswidrigkeiten dar. Diese können mit Bußgeldern bis zu 100.000 Euro geahndet werden. Somit ist bereits die öffentlich-rechtliche Verantwortung erheblich und stellt bei Nichtbeachtung ein deutliches Risiko für den Bauherrn dar.

    Kommt es in Folge einer fehlenden Bestellung des Bauleiters – bspw., weil die Sicherheit auf der Baustelle nicht ausreichend kontrolliert wurde – zu einer Schädigung von Personen oder Dritten, kommt neben einer vertraglichen auch eine deliktische Haftung des Bauherrn in Betracht. Diese Haftung kann insbesondere bei Personenschäden erheblich sein.

    Verzögern sich die Bauarbeiten aufgrund einer fehlenden Bestellung (bspw. durch behördliche Maßnahmen) ist der Bauherr zudem Ansprüchen der beteiligten Unternehmen und späteren Nutzern ausgesetzt.

    Beauftragung des Bauleiters
    Die Bestellung des Bauleiters kann zum einen intern erfolgen, soweit beim Bauherrn entsprechendes Personal mit Sachkunde vorhanden ist. In der Regel erfolgt jedoch die Beauftragung eines Externen über einen Bauleitervertrag oder bspw. im Rahmen des schlüsselfertigen Baus über den Generalübernehmervertrag.
    Insbesondere bei einer Übertragung im Rahmen eines Gesamtprojektes ist dringend anzuraten, die Leistungsverzeichnisse auf die Beauftragung hin zu prüfen. Gleiches gilt für weitere Pflichten, wie die Delegation der Verantwortung gemäß § 4 BaustellenVO.

    Praxistipp
    Aufgrund des umfangreichen Tätigkeitsfeldes sowie der Einnahme einer Schlüsselposition im Bauverfahren ist bei der Auswahl und der Beauftragung des Bauleiters Sorgfalt geboten. Ebenfalls ist die vertragliche Grundlage so klar zu fassen, dass im Falle von Störungen im Bauablauf oder Unfällen auf der Baustelle eine zügige und eindeutige Zuordnung von Verantwortlichkeiten erfolgen kann und keine Lücken verbleiben.
    Unterbleibt die ordnungsgemäße Beauftragung durch den Bauherrn, drohen empfindliche Bußgeldern und Haftungsrisiken, die es zu vermeiden gilt.

    Ihre Ansprechpartner:
    Marvin Rochner, Junior-Partner und Rechtsanwalt bei Oppenhoff,
    marvin.rochner@oppenhoff.eu, +49 0221 2091-435

    Ann-Margret Herzhoff, LL.M., Associate und Rechtsanwältin bei Oppenhoff,
    annmargret.herzhoff@oppenhoff.eu, +49 221 2091-430

    Dieses Projekt wird mit den folgenden Brownfield Partnern realisiert