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    Nicolas Bearelle von REVIVE im Interview


    Das belgische Unternehmen REVIVE hat es sich zum Ziel gesetzt, qualitativ hochwertige, bezahlbare Wohnquartiere mit geringst möglichem ökologischen Fußabdruck zu schaffen. In Anerkennung seines nachhaltigen und transparenten Ansatzes war REVIVE die erste belgische Immobiliengesellschaft, die mit der B-Corp-Akkreditierung ausgezeichnet wurde: der Beweis, dass ein Unternehmen seine sozialen und ökologischen Ziele für mindestens so wichtig hält wie die Gewinnerzielung. Nicolas Bearelle, CEO von REVIVE, erläutert im B24-Interview, was REVIVE von vielen anderen Entwicklern unterscheidet.

    B24: REVIVE ist den meisten an Immobilien beteiligten Teilnehmern in Deutschland vermutlich nicht bekannt. Bitte erkläre uns kurz, wer ihr sind, was ihr tut und was euch von anderen Entwicklern unterscheidet?

    Bearelle: Nicht einfach, zehn Jahre in wenige Zeilen zu fassen. Aber ich versuche es mal. Was REVIVE am meisten von anderen Entwicklern unterscheidet, ist unsere Philosophie, unsere Vision und unser Geschäftsansatz. Wir ziehen es vor, Werte für unsere Mieter und die Gemeinschaften, in denen sie und wir leben, zu schaffen. Die Gewinnerzielung und die Werte für Investoren stehen erst an zweiter Stelle. Wir sind ein einzigartiges Team von rund 40 leidenschaftlichen Entwicklern, die glauben, dass wir diesen Ort besser verlassen müssen, als wir ihn vorgefunden haben. Dieser gemeinsame Zweck, also die Achtung vor dem Planeten und seinen Menschen, ist in unserer Branche relativ selten. Immobilien sind mehr als die Errichtung von Bauwerken aus Ziegeln und Mörtel. Wir Entwickler haben eine große soziale und ökologische Verantwortung, die weit über das Geld hinausgeht.

    In diesem Bereich war REVIVE die erste belgische Immobiliengesellschaft, die die B-Corp-Akkreditierung erhielt. Ein objektives Zeichen dafür, dass unser Ziel, mit Respekt vor der Gesellschaft und dem Planeten zu handeln, nicht nur ein Einzeiler im Jahresbericht ist, sondern ein Credo, das jeden Tag umgesetzt wird. Technisch besteht unser Geschäft aus der Sanierung von städtischen Brachflächen, sowie der Umwandlung in lebendige, neue Viertel, die sich harmonisch in den bestehenden Stadtkontext einfügen. Alle wichtigen Funktionen des Lebens, Arbeitens, Spielens und Lernens sollen mit geringster Reibung und geringsten Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft interagieren und die Entwicklung zukunftssicher machen. Die Regeneration und Umnutzung unterbewerteter wertvoller Stadträume ist genau das, was zukunftssicheres Projektentwicklungsdenken ausmacht. Wählen Sie Brownfields als Standorte, verwenden Sie Infill statt Expansion und retten Sie Greenfields vor dem weiteren Verschwinden.

    B24: Brachflächen haben in der Regel Herausforderungen, die die meisten Projektentwickler – insbesondere beim Wohnen – eher vermeiden. Warum denken Sie da anders?

    Bearelle: Wo andere sich abwenden, öffnen wir die Augen. Wir können die Hinterlassenschaften der früheren Generation nicht vernachlässigen und sie der nächsten Generation überlassen. Dann lieber das bereits Genutzte erneut und besser nutzen, bevor man Greenfields knackt und freien Naturraum besetzt, der eines der Grundrechte aller Menschen ist. Mit Geld kann man weder Gesundheit noch Wohlbefinden kaufen. In unseren Augen ist es sogar unmoralisch, dieses Recht denen zu verwehren, die es sich nicht leisten können. Wir haben vor kurzem ein Programm für bezahlbares Wohnen (Kaufen und Mieten) gestartet, weil wir uns als Team der Herausforderung angenommen haben, an der ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nachhaltigkeit zu arbeiten. Immobilien auf der grünen Wiese zu bauen, passt nicht zu dieser Haltung! Wo andere lieber grün waschen, gehen wir durch das Gespräch: von braun zu hell!

    B24: Warum genau sind Sie auf Wohnanlagen spezialisiert? Ist es nicht schwieriger, die Menschen davon zu überzeugen, später auf diesem Land zu leben?

    Bearelle: Im Gegenteil, wenn man die Botschaft richtig vermittelt, dass die Menschen auf wiedergewonnenem, ehemals verschmutztem Land und nicht auf einem neu geopferten Stück Natur leben, sind sie stolz darauf, Teil dieser Bewegung von Game Changern zu sein. Unsere Kunden können ihren Kindern direkt in die Augen schauen und sagen, dass sie geholfen haben, den Planeten zu retten. Vor zwanzig Jahren war die Verwendung von Recyclingpapier für Alternative oder alte Hippies gedacht. Heute ist es angesagt, Möbel oder Kleidung zu recyceln und zu verwenden. Worin besteht also der Unterschied zum Land?

    B24: Brachflächen sind im Allgemeinen durch industrielle Nutzung gekennzeichnet? Ist es schwierig, wenn Sie sich den Städten nähern und sagen, dass Sie dort Wohnungen entwickeln wollen?

    Bearelle: Wir haben in den 10 Jahren unseres Bestehens 5.700 Wohneinheiten mit insgesamt 750.000 qm Wohnfläche entwickelt. Offensichtlich gibt es in unserem Einsatzgebiet genügend Interessenvertreter der Stadt, die unsere Überzeugung teilen. Diese Erfolgsgeschichte mit nachgewiesenen Referenzen von Bewohnern ist unser überzeugendstes Argument. Uns fehlt es nicht an Glaubwürdigkeit, sondern einfach an Möglichkeiten für die Brachflächen. Wo in der Vergangenheit der Himmel die Grenze war, ist für uns der Boden die Grenze.

    B24: Auf dem deutschen Markt sind Sie noch nicht vertreten, suchen aber nach geeigneten Standorten. Wie lautet Ihr Suchprofil und in welchen Regionen möchten Sie sich engagieren?

    Bearelle: Je schmutziger der Job, desto besser gefällt er uns! Unsere Kriterien sind komplexe, stark kontaminierte Standorte, wo andere zögern, möglichst in mittleren bis großen Stadtgebieten und in der Nähe öffentlicher Verkehrsmittel. Wir wollen ein Problem nicht lösen, indem wir ein anderes schaffen; Mobilität ist der Schlüssel, Zugänglichkeit ein Muss, Konnektivität eine Essenz.

    B24: Bald findet die Expo Real wieder in München statt! Werden wir euch auf dem Gemeinschaftsstand von Brownfield24 finden?

    REVIVE: Natürlich, was habt ihr denn gedacht!