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    Interview mit Jörg Michael Fries, geschäftsführender Gesellschafter der BahnLog Gruppe


    BahnLog ist ein Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU). Das EIU betreibt eine öffentliche Eisenbahninfrastruktur, öffentliche Serviceeinrichtungen und übernimmt private Eisenbahninfrastrukturen. Das Logistikunternehmen ist seit 2002 Partner und Dienstleister für die Bahn. Vom Gleisbauhof Homburg aus werden Baustellen der Bahn in der gesamten Großregion Südwestdeutschland bedient. Brownfield24 hat sich mit Jörg Michael Fries, dem Gründer und geschäftsführenden Gesellschafter der BahnLog Gruppe, über ein ganz besonderes Revitalisierungsprojekt unterhalten.

    Brownfield24: Lieber Herr Fries, wir sitzen hier in Illingen im schönen Saarland und blicken von der Restaurantterrasse auf das Areal einer ehemaligen Wurstfabrik, das Sie revitalisiert haben. Wie kam es denn dazu? Die klassische Revitalisierung ist nicht Ihr Kerngeschäft. Sie sind eigentlich Bahnlogistiker.

    Jörg Michael Fries: Ja genau, mein Unternehmen, die BahnLog Gruppe, ist ein zugelassenes Eisenbahnverkehrsunternehmen. Wir sind also Logistiker auf der Schiene und betreiben mehrere Logistikstandorte hier im Saarland. Allerdings ist uns das Thema Revitalisierung nicht fremd. Mit alten Industrieflächen kennen wir uns insofern gut aus, weil wir schon alte Bahnstandorte revitalisiert haben.
    Zudem bin ich von Hause aus Bergbauingenieur und wechselte in den 1990er-Jahren direkt nach dem Studium in die Sanierungsbranche. Dort habe ich große Sanierungsmaßnahmen geleitet. Das reichte von Altölraffinerien bis zu Industrieanlagen in den neuen Bundesländern.

    Brownfield24: Dann sind Sie ja doch vom Fach.

    Jörg Michael Fries: Auf jeden Fall. Seit der Gründung von BahnLog im Jahr 2000 haben wir – wie gerade er-wähnt – einige alte Bahnstandorte revitalisiert. Außerdem sind wir auch als Entsorger für die Bahn tätig. Wir nehmen pro Jahr bis zu 300.000 Tonnen Altschotter von der Bahn an, bereiten ihn auf und liefern ihn wieder zurück. Oder wir machen andere Baustoffe daraus, zum Beispiel für den Straßenbau. Das ist neben der Logistik eine extra Sparte bei uns: die BahnLog Umwelt.

    Brownfield24: Jetzt sind wir gespannt, wie Sie mit dieser Unternehmens-Vita an eine alte Wurstfabrik geraten.

    Jörg Michael Fries: Illingen ist mein Heimatort. Die alte Fabrik kennt hier jeder. Die hat auch eine lange, bunte Geschichte. 1920 war es eine Brauerei. Danach wurden Glühbirnen gefertigt. Anschließend zog eine Strumpffabrik ein. Zuletzt wurde hier von der Firma Höll Wurst produziert. Nach deren Insolvenz stand das Areal jahrelang leer. Dann ist das Land eingestiegen. Allerdings hat sich niemand an die Fläche rangetraut. Vier verschiedene Industrien lassen auf eine Menge Altlasten im Gelände schließen, von denen man lieber die Finger lässt. Wir haben die Fläche trotzdem gekauft und ein Entwicklungskonzept erstellt. Die historischen Gebäude hatten viel Potenzial.

    Brownfield24: Das klingt nach großen Herausforderungen bei der Revitalisierung.

    Jörg Michael Fries: Ja, es war nicht einfach. Die Erkundung und Aufnahme der Altlasten war die Grundlage für Planung und Kalkulation. Das hat anderthalb bis zwei Jahre gedauert. Aber es hat sich gelohnt. Es kommt immer auf eine gute Grundlagenermittlung an. Wenn die fehlt, erleiden Sie Schiffbruch.
    Die Konzeption haben wir dann in enger Abstimmung mit der Gemeinde und den Bürgern entwickelt. In den Ideenprozess konnte sich jeder einbringen. Gemeinsam haben wir überlegt, was Illingen an diesem innerstädtischen Standort braucht. Herausgekommen sind ein Vollsortimenter, ansprechende Gastronomie, ein Ärztehaus, ein Bürgerbüro und 29 Wohnungen in charaktervollem, altem Gemäuer. Alles in allem war das ein großer Erfolg. Die Gewerbenutzflächen wurden uns aus den Händen gerissen, obwohl es in Illingen viel Leerstand gab.

    Brownfield24: Sie haben das mit eigenen Mitteln gestemmt. Oder haben Sie auch auf Fördergelder zurückgegriffen?

    Jörg Michael Fries: Der Fördermittelprozess ist sehr aufwändig. Das ist immer eine große Hemmschwelle. Vor allem in dieser Größenordnung. 24 Millionen Baukosten auf 9.000 qm Grundfläche sind anspruchsvoll. Wir haben uns stattdessen Partner gesucht. Die ausführende Baufirma hat sich beteiligt. Mehrere Investoren aus der Region sind eingestiegen. Meine Hausbank war auch überzeugt und hat investiert. Das alles hat dabei geholfen, das Risiko auch ohne Fördergelder überschaubar zu gestalten.
    Ganz wesentlich war dabei das gute Zusammenspiel mit der Gemeinde Illingen. Mit ihr haben wir einen städtebaulichen Vertrag geschlossen, der regelt, welche Pflichten jeder hat. Wir kümmern uns um den baulichen Teil, die Stadt macht es im Nachgang drumherum schön. Das Gelände wird zu großen Teilen ja auch öffentlich genutzt, also die Außenanlagen, die Wasserterrassen und der neue Marktplatz im Zentrum.

    Brownfield24: Da hat es sicherlich geholfen, dass Sie ein Illinger sind.

    Jörg Michael Fries: Aber ja. Ich bin hier beheimatet und bekannt. Im Gegensatz zu einem Investor aus München, der ein Mal im Jahr aufschlägt, bin ich immer da und jederzeit erreichbar. Auch deswegen hatte das Projekt durchweg eine gute Presse.

    Brownfield24: Sie können wirklich stolz auf dieses Projekt sein. Gretchenfrage: Würden Sie es noch mal machen?

    Jörg Michael Fries: Während so eines Projekts kriegt man stellenweise immer mal wieder Zweifel und fragt sich, warum man sich das antut.
    Vor allem in schwierigen Zeiten, und die gibt es bei Projekten dieser Art immer. Aber ja: Ich würde es noch mal machen.
    Insbesondere weil ich aus den Fehlern gelernt habe, die ich hier gemacht habe. Zum Beispiel habe ich völlig überschätzt, wie zeitintensiv so etwas ist. Ich habe ja immerhin noch meinen Hauptberuf bei der BahnLog. Da musste ich schon sehr viel Zeit abzwacken.
    Ganz wichtig ist, dass man diese Projekte mit Profis stemmt, die sich mit solchen Themen auskennen. Mit Leuten, die das zum Üben nehmen, verschleudert man nur Geld und Zeit. Und dann sollte man die Projektsteuerung in gute fachliche Hände geben. Wenn einem das gelingt, sind solche Projekte durchaus anstrebenswert. Auch für mich noch mal.