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    Interview mit Harald Stoll vom Amt für Technischen Umweltschutz, Kreis Viersen


    Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung zur Reduzierung der Neuinanspruchnahme von Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2020 auf bundesweit 30 ha pro Tag und verfolgt das Ziel, den Flächenverbrauch in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2020 auf 5 ha pro Tag und langfristig auf Netto-Null zu begrenzen.

    Die Wiedernutzung von Brachflächen und das Brachflächenrecycling sind wichtige Bausteine für die nachhaltige Verringerung des Flächenverbrauchs. Für eine effektive kommunale Planung müssen die Brachflächenpotenziale der Kommunen ermittelt und anschließend so aufbereitet werden, dass für alle Beteiligten die erforderlichen Angaben zur Lage und Art der Flächen verfügbar gemacht werden. Wir haben mit Harald Stoll vom Amt für Technischen Umweltschutz über das von ihm geführte Brachflächenkataster des Kreises Viersen gesprochen.

    B24: Herr Stoll, bitte sagen Sie kurz etwas zu Ihrer Person und Ihrer Aufgabe?

    Harald Stoll: Seit 2003 nach meinem Diplomabschluss als Bauingenieur bin ich beim Kreis Viersen im Amt für Technischen Umweltschutz als Projektleiter im Altlastenbereich tätig. Zu meinem Aufgabenbereich zählen die Führung des Katasters über altlastverdächtige Flächen und Altlasten sowie die technische Sachbearbeitung im Rahmen der Untersuchung von altlastverdächtigen Flächen und der Sanierung von Altlasten.

    B24: Wie kamen Sie auf die Idee, ein Brachflächenkataster zu erstellen? Gab es hier einen speziellen Handlungsbedarf?

    Harald Stoll: Der Kreis Viersen führt gemäß § 8 Landesbodenschutzgesetz NRW ein Kataster über altlastverdächtige Flächen und Altlasten. In das Kataster sind die Daten, Tatsachen und Erkenntnisse aufzunehmen, die über die altlastverdächtigen Flächen und Altlasten erhoben und bei deren Untersuchung, Beurteilung und Sanierung sowie bei der Durchführung sonstiger Maßnahmen oder der Überwachung ermittelt werden.

    Zur Fortschreibung und Vervollständigung des Katasters wurde 2017 begonnen eine systematische Nacherhebung über altlastverdächtigen Flächen durchzuführen. Hierfür wurde ein Sachverständiger beauftragt entsprechende Quellen auszuwerten (Luftbilder, Karten, historische Adressbücher, Bauakten). Als Synergieeffekt der hierfür erforderlichen Recherchen wurde ein Brachflächenkataster erstellt, um geplante zukünftige Flächennutzungen gezielt auf bereits genutzte, innerstädtische Standorte zu lenken und um den Flächenverbrauch landwirtschaftlicher Flächen zu reduzieren. Bisher wurde pro Jahr eine kreisangehörige Kommune bearbeitet.

    B24: Welche Daten können aus dem Brachflächenkataster ausgelesen werden?

    Harald Stoll: Die Brachflächen werden kartiert. Außerdem werden zu den Brachflächen die folgenden Daten erhoben: Lage, Größe, Art der Brache (z. B. Gewerbebrache, Wohnbaubrache, Verkehrsbrache, Mindernutzung), Nutzungsumfeld, Flächennutzungs- und Bebauungsplan, Denkmalschutz, Biotopkataster, Wasserschutzzone, Altlastenverdacht.

    B24: Wie können Planungsämter oder die Wirtschaftsförderung davon profitieren und welche positiven Erfahrungen für Ihren Kreis können Sie bereits ziehen?

    Harald Stoll: Die Ergebnisse des Brachflächenkatasters werden an die einzelnen Kommunen als Trägerin der Bauleitplanung übergeben, so dass diese z. B. die Wirtschaftsförderungsgesellschaft einbinden und gezielt Brachflächen entwickeln können. Bei der Untersuchung von kleineren, ländlichen Kommunen hat sich gezeigt, dass hier nur wenige bisher nicht bekannte Brachflächen ermittelt wurden. Bei Kommunen, die in größerer Nähe des Einzugbereichs von prosperierenden Ballungszentren wie Düsseldorf liegen, werden ebenfalls relativ wenige bisher nicht bekannte Brachflächen ermittelt. Am Beispiel der Stadt Viersen hat sich aber auch gezeigt, dass in größeren, industriell geprägten Kommunen, die in größerer Entfernung von Düsseldorf entfernt liegen, eine größere Anzahl an relevanten Brachflächen ermittelt wurden.

    B24: Gibt es auch eine digitale Version des Katasters?

    Harald Stoll: Ja, die Daten des Brachflächenkatasters werden auch als GIS-Projekt erstellt.

    B24: Wer fördert die Erstellung eines solchen Katasters und an wen können sich interessierte Kommunen, Kreise oder Städte wenden, wenn sie ebenfalls ein Kataster erstellen wollen?

    Harald Stoll: In Nordrhein-Westfalen fördert das Land die Kreise und Kommunen bei der Erstellung eines Brachflächenkatasters. Ansprechpartner für die Förderung sind die jeweiligen Bezirksregierungen. Beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) kann man außerdem weitere Informationen über die Erfassung von Brachflächen erhalten. Das LANUV hat 2015 diesbezüglich das Arbeitsblatt 26 »Leitfaden zur Erfassung von Brachflächen in Nordrhein-Westfalen« erstellt (siehe auch: bit.ly/31yHJ2J )