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    Interview mit den COMPLEMUS Geschäftsführern Andreas Preußer und Matthias Dötsch


    Die inhabergeführte COMPLEMUS Real Estate GmbH plant, entwickelt, realisiert und finanziert hochwertige gewerbliche Immobilien. Als Investment Developer begleitet das Unternehmen Nutzer und Investoren in allen Fragen rund um die Immobilienentwicklung und unterstützt seine Kunden in allen Bereichen entlang der Immobilien-Wertschöpfungskette.
    Das interdisziplinär aufgestellte Team aus Architektur-, Bau-, Immobilien- und Finanzfachleuten identifiziert geeignete Grundstücke und schafft die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen. Brownfield24 hat mit den beiden COMPLEMUS Geschäftsführern Andreas Preußer und Matthias Dötsch über die zunehmende Bedeutung von Brownfields im Portfolio gesprochen.

    B24: Sagen Sie doch bitte zunächst etwas zu COMPLEMUS und Ihren Schwerpunkten.

    Andreas Preußer: Wir sind ein deutsches Projektentwicklungsunternehmen mit niederländischen Wurzeln und in dieser Form seit 2007 in Deutschland und den Niederlanden aktiv. Anfänglich waren wir intensiv im Bereich der Science-Immobilien unterwegs. Seit 2017, nach der Aufspaltung des Unternehmens, liegt unser Fokus auf Bürogebäuden sowie Produktions-, Handels- und Logistikimmobilien. Durch den Boom bei E-Commmerce und Paketdienstleistungen weist gerade der letztere Bereich ein gutes Renditepotenzial auf.

    Matthias Dötsch: Mit sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickeln wir im Schnitt jährlich Projekte mit einem Gesamtvolumen zwischen 60 und 80 Millionen Euro. Brownfields spielen dabei eine immer größere Rolle. So ist zum Beispiel in Monheim ein Bürokomplex auf dem alten Areal der Shell-Raffinerie in Monheim entstanden. Shell war da über 100 Jahre aktiv, das heißt, wir hatten es mit einem wirklich anspruchsvollen Brownfield zu tun. Andererseits ist die Lage direkt am Rhein extrem attraktiv – und dank Shell absolut hochwassersicher.

    B24: Nicht zu vergessen der neue Amazon Standort in Wuppertal, der von COMPLEMUS entwickelt wurde. Auch hier musste erst das Brownfield aufbereitet werden. Was waren die Herausforderungen und wie haben Sie diese gelöst?

    Andreas Preußer: Eine 80.000 Quadratmeter große Riesenhalle auf einen Acker zu setzen, ist nicht unsere Welt. Genau genommen sind wir da stark, wo Fantasie rund um die Immobilie gefragt ist. Das war zum Beispiel in Wuppertal der Fall. Da kam wirklich alles zusammen.

    Matthias Dötsch: Wir hatten es mit einer alten Speditionsimmobilie zu tun, die durch die Insolvenz gelaufen ist und mehr oder weniger gut instandgehalten war. Altlasten waren da ein großes Thema. Außerdem lag das Gebiet in einer – wie es behördlicherseits so schön heißt – diffusen Kampfmittellage. Dazu kam noch, dass Wuppertal ein Dolinen-Gebiet ist, der Baugrund also aus Kalkstein mit unterirdischen Auswaschungen und Hohlräumen besteht. Da weiß keiner so genau, wie der trägt.

    Andreas Preußer: Um Sicherheit zu bekommen, haben wir Bohruntersuchungen durchgeführt. Allein 300 Bohrungen unter den Fundamenten. Hinzu kamen nochmal 1.000 Bohrungen für Kampfmittel. Die Krönung dabei: In diesem Gebiet wurde früher Eisenerz abgebaut, das heißt, Kampfmittel-Sonden schlagen in jedem Fall an, weil da immer Eisen im Boden ist. Und dann fanden wir auch noch die üblichen Überraschungen im Boden, zum Beispiel alte Leitungen vom Nachbargrundstück.

    Matthias Dötsch: Dieses Brownfield hat uns wirklich gefordert. Aber wir haben alles termingerecht geschafft. Zurzeit entwickeln wir die Fläche in direkter Nachbarschaft zu Amazon weiter. Das ist das Areal einer alten Schmiede. Da wartet ein Hammerfundament auf uns: 10 Meter lang, 10 Meter breit, 10 Meter tief – aus massivem Beton.

    B24: Da wünschen wir gutes Gelingen. Welcher Entwicklungszustand von Brownfields ist generell für Sie interessant?

    Matthias Dötsch: Es ist nicht so sehr der Zustand einer Fläche, der sie für uns interessant macht. Wissen Sie, für Abbruch und Bodensanierung gibt es in aller Regel erprobte Lösungen am Markt. Da geht’s eigentlich nur noch um die Kostenfrage. Bauplanerische Herausforderungen hingegen sind eine ganz andere Thematik. Sprich: Ist das, was man in Zukunft damit vorhat, überhaupt von der Kommune und der Politik erwünscht? Wenn das im Vorfeld feststeht, sind wir interessiert.

    Andreas Preußer: Wir haben da schon die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht. In München waren wir beispielsweise einmal Bestbietende im Bieterverfahren um eine alte Lackfabrik. Irgendwann signalisierte die Politik »Wir wollen euch nicht« und erließ eine Veränderungssperre. Aber das sind Ausnahmen. In der Regel fahren wir gut mit unseren Brownfields. Zurzeit liegt in Monheim auf dem Shellgelände der letzte Bauabschnitt an. In Baden-Württemberg entwickeln wir ein altes Betonwerk weiter, das wir direkt vom Eigentümer gekauft haben, sowie drei ausgediente Industriestandorte in Stuttgart, Ulm und Augsburg.

    B24: Man kann also sagen, dass Brownfields für Sie immer wichtiger werden?

    Matthias Dötsch: Aber ja. 30 bis 40 % Brownfields sind bei uns heute schon dabei. Es werden sicherlich noch mehr. Die angestrebte Flächenversiegelung von Null Hektar bis 2050 ist ein großer Treiber in diesem Bereich. Außerdem gibt es noch so viele tolle Flächen – vor allem im Ruhrgebiet. Es gibt wohl kein besseres industrielles, infrastrukturelles Gebiet in Deutschland. Das Potenzial ist da, die Leute sind da, der Wohnraum ist da. Das ist perfekt.

    Andreas Preußer: Allerdings gibt es um Brownfields immer eine große Wettbewerbsintensität. Da machen wir gar nicht so gerne mit. Wir sind keine Grundstücksbevorrater. Wir brauchen eine Vision, eine signifikante Vorvermietung, bevor wir so ein Projekt angehen.

    B24: Also zum Beispiel einen Logistiker.

    Andreas Preußer: Ganz genau. Gerade in diesem Bereich können dir Brownfields wirklich die Tür öffnen. Generell ist es ja so, dass Logistik nicht überall gewünscht ist und die Gemeinden Vorbehalte haben. Wenn man hier über Brownfields kommt, über Sanierung und Revitalisierung, dann hat man die Politik eher auf seiner Seite und erntet weniger Gegenwind.

    Matthias Dötsch: Die Zufriedenheit in der Gemeinde ist auf allen Seiten größer, wenn eine hässliche Brache keine Brache mehr ist, sondern eine moderne Immobilie.