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    Altlast in der Immobilientransaktion – Chance oder Risiko?


    PRESSEMITTEILUNG unseres Premiumpartners Oppenhoff & Partner Rechtsanwälte Steuerberater mbB:

    Altlasten können schnell zu sogenannten „red flags“ in Transaktionen mit Immobilienbezug werden. Mit ihnen sind häufig hohe Kosten und unabsehbare Risiken für alle Beteiligten verbunden. Gerade bei Industriestandorten, die viele Jahre betrieben wurden, ist die Nutzungshistorie nicht immer klar und das Ausmaß möglicher Schäden in Boden oder Grundwasser unbekannt. Und am Ende steht immer die Frage: Wer bezahlt’s? Und: Wer kann von der Behörde oder Dritten in Anspruch genommen werden? Um Risiken zu vermeiden, können sich Käufer oder Verkäufer auf verschiedene Weise absichern.

    Im Vorlauf der Transaktion
    Zu Beginn einer Transaktion ist eine systematische Quantifizierung und vorvertragliche Risikobewertung durchzuführen. Im Rahmen der Environmental Due Diligence wird in der Regel auf Voruntersuchungen zurückgegriffen und eine Phase I Untersuchung vorgenommen. Dazu gehören die Auswertung vorhandener Dokumentation, Ortsbegehungen und Befragungen. Von einer Phase II Untersuchung mit Bodenbeprobung und Analytik wird häufig abgesehen, um die Transaktionskosten im Rahmen zu halten. Je nachdem, welche Ergebnisse die Due Diligence zu Tage fördert, gibt das weitere Erfordernisse und Möglichkeiten der vertraglichen Gestaltung vor. Auch die zukünftige Nutzung des Standortes kann ausschlaggebend sein: Je sensibler die Folgenutzung ist, desto strenger können die Sanierungszielwerte ausfallen. Sollen Altlasten im Boden durch eine bestehende Versiegelung oder Überbauung gesichert werden, hat der Verkäufer ein Interesse daran, dass der Bestand unverändert bleibt und eine Regelung für den Fall einer baulichen Veränderung gefunden wird.

    Was sind Altlasten?
    Der Begriff der Altlast umfasst streng genommen lediglich Altablagerungen (ehemalige Abfallentsorgungsanlagen) und Altstandorte (vormals Umgang mit umweltgefährdenden Stoffen), bei denen es sich um stillgelegte Anlagen handelt. Das Bodenschutzrecht gilt selbstverständlich auch für im Betrieb befindliche Anlagen. Maßgeblich sind hier sogenannte schädliche Bodenveränderungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Besteht aufgrund tatsächlicher Umstände der Verdacht, dass von einer Altlast Gefahren ausgehen, liegt eine altlastverdächtige Fläche vor. Verdachtsflächen sind in den örtlichen Altlastenkatastern eingetragen und können im Rahmen einer Transaktion von den Beteiligten eingesehen werden.
    Häufig wird der Begriff Altlasten in Verträgen eigenständig definiert, um eine klare Regelung und rechtssichere Handhabung sicherzustellen. Altlastenklauseln nehmen dabei üblicherweise auf gesetzliche Bestimmungen wie das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) oder das Chemikaliengesetz Bezug.

    Wer muss haften?
    Von einer vertraglichen Haftung und diesbezüglichen Gestaltungsmöglichkeiten ist die Frage zu unterscheiden, wer behördlicherseits für vorhandene Altlasten in Anspruch genommen werden kann. Nach dem Gesetz sind eine Reihe von Personen untersuchungs- und sanierungspflichtig. So können neben dem sogenannten Handlungsstörer, also der Verursacher der schädlichen Bodenveränderung oder dessen Gesamtrechtsnachfolger, z. B. auch der derzeitige Grundstückseigentümer, ein Mieter oder unter bestimmten Umständen auch der frühere Grundstückseigentümer herangezogen werden. Das heißt, dass sich der Eigentümer mit dem Verkauf seines Unternehmens bzw. des Grundstücks einer Haftung gegenüber den Behörden nicht vollständig entziehen kann. Diese Haftung – auch Ewigkeitshaftung genannt – unterliegt keiner Verjährung. So ist aus Verkäufersicht geboten, Vorkehrungen im Rahmen der vertraglichen Gestaltung vorzunehmen.

    Auf der anderen Seite ist dem Käufer daran gelegen, erstens möglichst umfassende Sicherheit zu haben, welche Belastungen mit dem Grundstück verbunden sind und welche Auswirkungen diese für den zukünftigen Betrieb haben können. Diese betreffen in der Regel vor allem Sanierungskosten. Jedoch kann in Abhängigkeit des Schadensausmaßes und der damit einhergehenden Gefahr zumindest vorübergehend der Verlust der Betriebsgenehmigung und damit der Stillstand des Betriebs drohen.

    Zweitens muss sichergestellt sein, wer welche Sanierungspflichten übernimmt, die dafür erforderlichen Kosten trägt und welche Sicherheiten gestellt werden. Auch ist eine mögliche Enthaftung etwa in Form von Freistellungen häufig ein wichtiger Punkt. Die entsprechenden Vertragsklauseln können je nach Relevanz der Umweltschäden essentiell für die Transaktion sein, nicht zuletzt da sie Auswirkungen auf das Pricing haben, die in bestimmten Konstellationen zu einem negativen Kaufpreis führen können.

    Verschiedene vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten
    Besteht eine Sanierungspflicht oder kann eine solche nicht ausgeschlossen werden, ist zu klären, wer die Sanierungspflicht übernimmt und die Kosten trägt. Bei der vertraglichen Gestaltung ist die Haftungsminimierung ein zentrales Thema: Soll die Sanierungspflicht beim Käufer liegen, wird er die voraussichtlichen Kosten bei der Kaufpreisbemessung berücksichtigen. Für den Verkäufer ist dann die Vereinbarung einer Freistellung für den Fall einer Inanspruchnahme durch die Behörde oder Dritte und der Ausschluss des § 24 Abs. 2 BBodSchG wesentlich, damit ein Rückgriff auf ihn vermieden werden kann. Ein solcher Freistellungsanspruch sollte vertraglich gesichert werden, etwa durch eine Sicherungshypothek oder eine Rückauflassungsvormerkung. Hier gilt es zu verhindern, dass der Verkäufer im Worst-case-Szenario im Verhältnis zur Behörde zur Sanierung verpflichtet wird, er aber keinen wirtschaftlichen Rückgriff auf das Grundstück mehr hat.

    Übernimmt der neue Nutzer etwa bei Ungewissheit über mögliche Boden- oder Grundwasserbelastungen die Sanierungspflicht bzw. das Risiko, kann die Ursache eines später zu Tage tretenden Schadens Streitpotenzial bieten. Ist zum Stichtag (etwa Signing oder Closing, Übergabe der Sache etc.) die Ursache unklar, kann die Aufnahme einer sogenannten Sliding Scale in den Vertrag nützlich sein: Danach trägt der Verkäufer oder Vermieter im ersten Jahr nach dem Stichtag die Kosten zu z. B. 90%, der neue Nutzer zu 10%. Im zweiten Jahr 80/20 usw. Die dahinterstehende Logik ist, dass je näher zum Stichtag die Kosten entstehen, es umso wahrscheinlicher ist, dass die Kontamination vom Vornutzer stammt. Hieran schließen sich häufig Regelungen an, dass der neue Nutzer nicht bauen darf oder dies bis zu einem bestimmten Stichtag gerade tun muss oder sonstige Einschränkungen.

    Alternativ können Käufer und Verkäufer Caps vereinbaren. Gibt es bereits Voruntersuchungen oder behördliche Anordnungen, die bestimmte Sanierungsziele vorgeben und möchte der Verkäufer eine Enthaftung durch eine Sanierung sicherstellen, kann er sich verpflichten – aber auch das Recht vorbehalten – nach Veräußerung des Grundbesitzes die Sanierungsmaßnahmen selbst durchzuführen. Wirtschaftlich kann dies auf eine Kostenübernahme bis zu einem bestimmten Cap begrenzt werden, während der Käufer sich verpflichtet, die das Cap übersteigenden Kosten zu tragen.

    Bei der Vereinbarung von Freistellungen, ist darauf zu achten, dass Weitergabeverpflichtungen im Fall des Weiterverkaufs aufgenommen werden und Freistellungsansprüche – anders als die Verpflichtung im Außenverhältnis zur Behörde – der Verjährung unterliegen. In der Regel ist hier eine möglichst lange Verjährungsklausel zu wählen, die den gesetzlichen Bestimmungen genügt.

    Ist eine Sanierung erforderlich oder tritt das Erfordernis erst später auf, kann ein gemeinschaftliches Vorgehen mit einer entsprechenden Aufgaben- und Kostenteilung zwischen den Beteiligten eine interessensgerechte Lösung sein. Neben einer Sanierungsverfügung der Behörde kann sich in diesen Fällen ein Sanierungsvertrag anbieten. Hierbei werden Sanierungsumfang und -ziele, federführende Sanierungsverantwortung sowie sonstige Abstimmungsthemen zwischen den Stakeholdern vereinbart. In einem Side Agreement können die anteilige Kostentragung, gegenseitige Haftung und Freistellungen sowie Finanzierungsmodalitäten, etwa in Form der Einrichtung eines Sanierungsfonds oder ähnliches geregelt werden.

    Sprechen Sie uns an, wenn Sie umweltrechtliche Themen oder Fragen rund um Altlasten und vertragliche Gestaltungen in der Immobilientransaktion haben. Wir besprechen diese gerne mit Ihnen.

    Ihre Ansprechpartner:
    Holger Hofmann, Partner und Rechtsanwalt bei Oppenhoff,
    holger.hofmann@oppenhoff.eu, +49 0221 2091 449

    Dr. Stefanie Minzenmay, Partnerin und Rechtsanwältin bei Oppenhoff,
    stefanie.minzenmay@oppenhoff.eu, +49 221 2091 331